Minderheitenrat zu Besuch beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue: “Minderheitenpolitik ist Friedenspolitik – Dies muss auch in der Öffentlichkeit bewusster wahrgenommen werden!”

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Am 21.09.2017 traf sich der Minderheitenrat der vier autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen in Deutschland mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zu einem ersten Gespräch im Schloss Bellevue in Berlin. Begleitet wurde der Minderheitenrat vom Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB.


Gleich zu Beginn des Gesprächs wurde deutlich: Der Bundespräsident kennt die Minderheiten und weiß die Rolle der Minderheiten zu schätzen. Denn Minderheitenpolitik ist Friedenspolitik. Dabei sind ihm die vielen Erfahrungen der nationalen autochthonen Minderheiten besonders wertvoll. Dies möchte der Bundespräsident im Laufe seiner Amtszeit in den Fokus stellen.


Bundespräsident Steinmeier versprach alle Minderheiten zu besuchen und die Minderheiten in der Öffentlichkeit mehr zu präsentieren. Unter anderem sicherte er zu, dass in Zukunft die Minderheiten beim jährlichen Bürgerfest des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue fest einbezogen werden.


Im Rahmen des Gesprächs stellten die vier Minderheiten – die Dänen in Südschleswig, die Friesen, die deutschen Sinti und Roma sowie die Lausitzer Sorben – dar, welchen Beitrag sie auf den unterschiedlichen Ebenen – regional, national und europäisch – leisten:


Minderheiten sind Brückenbauer zu Hause in den Regionen, in Berlin und Deutschland sowie über Grenzen hinweg. Sie wissen grenzüberschreitend zusammen zu arbeiten, pflegen ihre Sprache und Kultur und wissen sich in zwei oder mehr Kulturen zu bewegen. Sie pflegen ein respektvolles Miteinander in der kulturellen Vielfalt. Sie kennen die Herausforderung zwischen Integration und Assimilation und haben gelernt vom Gegeneinander zum Füreinander zum Miteinander zu leben und zu arbeiten: “Wir sind es gewohnt, die anderen zu wollen, ohne sich selbst aufzugeben!”, so die Minderheitenvertreter.


Auch auf Bundesebene arbeiten die Minderheiten im Minderheitenrat zusammen und setzen sich gemeinsam für ein offenes und vielfältiges Deutschland ein. Denn auch die Minderheitenratsvertreter sind besorgt über eine aktuelle neue Art des Nationalismus. Sie sind sich sicher: Wir brauchen den Widerstand in der Demokratie. Demokratie muss wehrhaft sein. “Wir müssen heute gemeinsam für Demokratie aufstehen”. Deshalb baten sie den Bundespräsidenten, dies nach seinen Möglichkeiten zu unterstützen. Dies begrüßte der Bundespräsident, der gezielten Tabuverletzungen und Grenzüberschreitungen, die im derzeitigen medialen Diskurs zu beobachten sind, entgegentreten möchte.


Der aktuelle Vorsitzende des Minderheitenrates David Statnik, Lausitzer Sorbe, zeigte mit einem Zitat des sorbischen Schriftstellers Jurij Brězan auf die Rolle der Minderheiten in der Gesellschaft am Beispiel der Satkula, “ein Bach, der sieben Dörfer durchfließt und dann auf den Fluß trifft, der ihn schluckt. Wie die Atlanten, so kennt auch das Meer den Bach nicht, aber es wäre ein anderes Meer, nähme es nicht auch das Wasser der Satkula auf.“


Dies betonte auch der Beauftragte des Bundesregierung Hartmut Koschyk. Minderheitenpolitik ist eine gemeinsame Aufgabe der Länder, Kommunen und des Bundes: “Die beim Bundesministerium des Innern angesiedelten Beratenden Ausschüsse und auch die jährlichen Implementierungskonferenzen mit den Minderheiten sichern diesen den Kontakt mit der Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag und den zuständigen Bundesländern. Großes Potenzial sehe ich jedoch darin, dass das allgemeine Bewusstsein geschärft werden muss. Ein Beispiel dafür wäre eine höhere Präsenz der Regional- und Minderheitensprachen in den Medien. Eine weitere große Herausforderung ist die Digitalisierung. Diese ist wichtig für das Überleben der Minderheitensprachen. Hier sind wir erst am Anfang!”


Dieses Bewusstsein in der Öffentlichkeit für die Minderheiten zu schärfen, sieht auch der Bundespräsident als wichtige Aufgabe im Laufe seiner Amtszeit.


Der Minderheitenrat zeigte sich sehr zufrieden über das heutige Gespräch mit dem Bundespräsidenten: “Die Minderheiten sollen ein natürlicher und selbstverständlicher Teil in Deutschland und den Bundesländern werden. Dafür setzen wir uns ein, dafür engagieren wir uns für ein friedliches Miteinander! Das heutige Gespräch hat uns gezeigt, dass wir mit diesem Bestreben nicht allein sind!”, betonte der aktuelle Vorsitzende des Minderheitenrates Statnik nach dem Gespräch.

 

Hintergründe:


Der Minderheitenrat wird vertreten durch die Organisationen der vier anerkannten autochthonen Minderheiten Deutschlands:


•    die Dänen in Südschleswig vertreten durch den Sydslesvigsk Forening (SSF),
•    die Lausitzer Sorben vertreten durch die Domowina - Bund Lausitzer Sorben,
•    die deutschen Sinti und Roma vertreten durch den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sowie
•    die Friesen vertreten durch den Seelter Buund der Saterfriesen und den Frasche Rädj / Friesenrat Sektion Nord der Nordfriesen.

Originale Pressemitteilung vom Minderheitenrat.


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