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Vom 22.-25.06.2017 fanden sich die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Slawischer Minderheiten zu ihrer 20. Jahrestagung zusammen, welche in diesem Jahr in Kooperation der FUEN mit der Domowina- Bund Lausitzer Sorben e.V. organisiert wurde.
Insgesamt fanden sich 20 Teilnehmer in der Lausitz ein, welche 9 Minderheiten aus 8 Ländern in Ost-und Mitteleuropa vertraten. Unter ihnen Kroaten aus Italien, Rumänien und Serbien, Russinen aus der Ukraine, Makedonen aus Albanien, sowie Tschechen und Serben aus Kroatien. Auch die Russische Schule Estland, eine nicht-regierungs-Organisation welche beim diesjährigen Kongress in Cluj/ Rumänien der FUEN beitrat, entsandte eine Vertreterin nach Deutschland. Die Domowina lobte das wachsende Interesse und Engagement der slawischen Mitgliedsorganisationen, welches durch die Anzahl der Anmeldungen, sowie einen immer stärker werdenden Anteil an jugendlichen Vertretern sichtbar werde.
Durch die gleichzeitige Ausrichtung der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft während des XII. Internationalen Folklorefestivals der Domowina gewannen die Minderheitenvertreter einen intensiven Einblick in das Leben der Sorben in Deutschland und ein besseres Verständnis der Verhältnisse, Schwierigkeiten und Möglichkeiten der dortigen Situation. Dies wurde vor allem durch Besuche der Teilnehmer in der Ober-, Mittel-, wie auch Niederlausitz deutlich. In der Region des Braunkohleabbaus eröffneten sich den Besuchern die weiten Dimensionen landschaftlicher und kultureller Veränderung gezeichnet durch Abbaggerung, Umsiedlung und Rekultivierung, die die sorbisch- wendische Existenz so nachdrücklich geprägt haben. Das Foklorefestival seinerrseits unterstrich den gelungenen Spagat zwischen Neuerungen und Erhalt von Sprache und Kultur, den die Sorben mit ihrer Offenheit zur Internationalität und aufrichtiger Gastfreundschaft sichtlich meisterten.
Minority Safepack Initiative Im Zentrum der Aufmerksamkeit
Das zweitägige Seminar wurde am Freitag durch den FUEN Vize-Präsidenten Bernhard Ziesch, sowie den Domowina- Vorsitzenden David Statnik in Bautzen eröffnet. In der Arbeitsgemeinschaft ging es in vier Schwerpunkten vorrangig um die Erarbeitung konkreter zukünftiger Arbeitspläne, intensiverer Zusammenarbeit, sowie aktive Teilnahme und Unterstützung der FUEN-Projekte.
Nach seinem Besuch der AGDM-Tagung in Berlin, war auch FUEN Präsident Loránt Vincze nach Bautzen angereist, um sich persönlich einen Eindruck von der Lage in der slawischen Arbeitsgemeinschaft zu verschaffen. Bereits am Donnerstag- Abend, sowie am Folgetag in Drachhausen eröffnete er gemeinsam mit David Statnik und dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, das Internationale Folklorefestival und warb in der sorbisch-deutschen Region und den Ländern Brandenburg und Sachsen intensiv für die Unterstützung der Minority Safepack Initiative. Diese wird tatkräftig auch durch sorbische und regionale Medien wie die Serbske Nowiny und den MDR Sorbischen Rundfunk beworben.
Am ersten Seminartag widmeten sich die Vertreter der Minderheiten der schrittweisen Annäherung an und Erarbeitung von Umsetzungsmöglichkeiten der Beschlüsse und Inhalte der Minority Safepack Initiative, welche ihnen unter anderem durch Herrn Vincze nähergebracht wurden. Den Minderheiten ging es hinsichtlich der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den einzelnen Ländern insbesondere um die gemeinsame Abstimmung und den Austausch von Ideen und Praktiken zur Promotion der MSP-Initiative. Die variierenden Ausgangssituationen in welchen sich die slawischen Minderheiten befinden erlauben meist keine einfache Arbeit im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. Die Initiative ist jedoch an dem Punkt angelangt, an dem die Sammlung der 1 Million Unterschriften eingeläutet wurde und Unterstützung für diese aus allen Bereichen und durch jede teilnehmende Gruppe zu erreichen ist.
Aufgrund dessen befassten sich die Teilnehmer am Samstag, dem zweiten Tag der Tagung im zweiten Teil mit der aktuellen Situation und zukünftigen Arbeit der FUEN, von welcher Bernhard Ziesch berichtete. Die finanzielle Festigung und Förderung der slawischen Minderheiten und ihrer Organisationen ist hierbei ein zentrales Augenmerk der Arbeitsgemeinschaft, vor allem in Osteuropa. Diese ist in den meisten Fällen nicht so stark ausgeprägt wie die jener Gruppen aus West- und Mitteleuropa. Die FUEN strebt diesbezüglich an, ihre Gespräche mit Ländern und Regionen auch zukünftig in diesen Bereichen zu vertiefen. Die Minderheitenvertreter informierten im dritten Teil der Tagung über die aktuelle Lage ihrer Minderheiten und Organisationen in ihren Heimatländern. Ziel ist es langfristig in breiterer Öffentlichkeit sichtbarer zu werden und den Informationsaustausch untereinander wie auch nach außen zu stärken.
Kolloquium zur „Minderheiten im Spannungsfeld von Integration und Bewahrung kultureller Identität“
Als vierter und letzter Teil der Jahrestagung der slawischen Minderheiten folgte am Samstag ein Kolloquium, welches Folklorefestival- und Seminarteilnehmer zusammenbrachte, und öffentlichen Raum für Diskussionen unter anderem für Kulturwissenschaftler, Journalisten, Studenten und Neugierige darbot. In Rahmen des Kolloquiums berichteten die Leiter verschiedenster am Festival teilnehmenden künstlerischen Gruppen die über Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Umsetzung ihrer kulturellen Arbeit.
Bildlich und in Kurzreferaten stellten sich insgesamt sieben Kulturensembles aus Polen, Italien, Griechenland, Kolumbien, Rumänien, Kroatien und Belarus vor. In ihren Präsentationen machten sie nicht nur auf die Besonderheiten ihrer Kulturen anhand von Trachten, Instrumenten und handwerklichen Geräten aufmerksam, sondern projizierten ihre Lage auch auf geschichtliche Rückblicke und aktuelle politische Geschehen. Die Vertreter der Minderheiten der Ungarn in Rumänien und Tschechen in Kroatien brachten mitunter die Parallelen in strukturellen Entwicklungen mit den sorbischen Gastgebern hervor, während Nachkommen aus der heutigen Türkei vertriebener Griechen auf die heutige Situation der Flüchtlingsströme aufmerksam machten, welcher sie vor Ort gegenüber stehen und welche sich mit ihrer eigenen Vergangenheit verbindet. Obwohl trotz täglicher Fälle von Diskriminierung unter vielen Minderheiten ein erwachsendes Identitäts- und Zugehörigkeitsbewusstsein zu ihren Volksgruppen zu vermerken ist, ist die Sicht der Dinge in Kolumbien mit seiner Vielzahl an Nationalitäten eine völlig andere. Auch dort steht die Bewahrung der Sprachen und Traditionen im Mittelpunkt- jedoch ist es die Bewahrung aller Kulturen und der Erhalt indigener, spanischer, afrikanischer Elemente.
Trotz der variierenden Fälle wird letztendlich erkannt, dass die Kultur Minderheiten die Landeskulturen beeinflussen kann, ebenso wie diese umgekehrt die Minderheiten prägen. Letztlich geht es darum eine Balance zwischen den Kulturen zu finden. Dass diese an Orten wie dem Internationalen Folklorefestival sichtbar zum Vorschein kommt bestätigte mit großer Zufriedenheit auch der Domowina- Vorsitzende David Statnik.